Während die ersten Wohnungen am 28. September 2021 in Haus 1 übergeben wurden, waren nun am 13. Oktober zwei andere Parteien und ich in Haus 3 dran. Nach über vier Jahren Planungs- und Bauphase ein mit großer Spannung erwarteter Tag.
Zur verabredeten Zeit stand ich mit meiner Partnerin vor dem Haus. Durch die Fenster der Erdgeschoßwohnung im gegenüberliegenden Haus 1 konnte man eine schön eingerichtete Wohnküche sehen, mit einer schönen Küche, einem gemütlichen Sofa, einem kleinen Teppich und einem mit Büchern gefüllten Regal. Sehr wohnlich! In dem Zimmer dahinter konnte man, bis zur Decke gestapelte, Umzugskartons erkennen. Oder war es eine Modellwohnung der Baufirma? In einer anderen Wohnung, die drei Stunden später übergeben werden sollte, war man noch mit der Endreinigung beschäftigt. An meiner verschlossenen Wohnungstür ein Zettel mit der Aufschrift ”ACHTUNG: DIESE WOHNUNG WURDE FRISCH GEREINIGT! Zutritt nur mit Zutimmung des Bauleiters!“. Um uns herum wieselten etliche Handwerker. Aber nach einer halben Stunde immer noch niemand, der uns die Wohnung übergeben wollte.
Also rief ich die nette Dame vom Planungsbüro an. Sie meldete sich mit: ”Niels, bitte, hol uns hier raus!!!“. Ich platzte wunschgemäß in die Baubesprechung, wo unser Vertreter der Wohngemeinschaft mit ruhiger Beharrlichkeit vorschlug, in jedes Treppenhaus der Mehrfamilienhäuser eine Steckdose zu installieren, obwohl dort keine geplant war. Nachdem man versprach, dass wohlwollend zu prüfen, wurde die Besprechung beendet.
Danach begaben wir uns mit dem, immer noch frisch wirkenden Bauprüfer des Architekturbüros und dem Planungsverantwortlichen für Sanitär und Strom – und der netten Dame vom Planungsbüro – zu meiner Wohnung. Die Wohnungstür stand auf! Einbrecher? Tatsächlich, ein Mann in Arbeitskleidung war gerade dabei, meine Abdeckungen für die Steckdosen abzuschrauben. Aber warum hatte er dazu seine Schuhe am Eingang ausgezogen? Ach nein, er war dabei, die Kappen ANZUSCHRAUBEN. Ein weiterer Mann in Arbeitskleidung werkelte im Abstellraum am Sicherungskasten herum. Moin!
Die beiden Fachprüfer gingen selbstständig auf die Suche nach Mängeln. Sie unterschieden dabei zwischen Arbeiten, die mangelhaft ausgeführt waren, und Arbeiten, die noch beendet werden mussten. Wenn mir etwas auffiel, wandte ich mich vertrauensvoll an sie. Manchmal war es nur ein Aufrieb auf einer Wand- oder Bodenfläche, welchen sie sofort wegreiben konnten. Anderes erkannten sie als Mangel an und notierten es in ihrer Liste; wie zum Beispiel Druckstellen in Wandflächen, falsche Toilettenhöhe, Decken- statt Wandauslass für Beleuchtung, fehlende oder falsch gesetzte Steckdosen, unsaubere Übergänge zwischen Fliesen und Parkett, fehlende Silikonfugen, eine falsch gesetzte Leitung für eine Duschbrause.
Insgesamt hatte ich das gute Gefühl, dass sie in meinem Sinne prüften und mir nichts ”ausreden“ wollten. Die Mängel lagen im vertretbaren Rahmen und konnten nachgebessert werden, dachte ich erleichtert und unterschrieb die beiden Abnahmeprotokolle. Der Satz: ”Es gibt noch ein Problem.“ ließ mich aufhorchen. Es gibt noch keinen Strom, die Stromzähler wurden noch nicht geliefert, kommen in zwei Wochen – vielleicht. Wasser gibt es auch noch nicht, kommt in zwei Wochen – vielleicht. Die Kellerverschläge werden in zwei Wochen gebaut – oder in drei – vielleicht. Die Tiefgarage kann in zwei Wochen genutzt werden – vielleicht. Die richtigen Türschlösser sind auch noch nicht eingebaut, kommen morgen – vielleicht. War also nichts mit romantischem Date in der neuen leeren Wohnung. Die zwei Klappstühle, der kleine Bistrotisch, der Tee und die Kekse konnten im Auto bleiben ... und mein Werkzeug sowie ihr Putzzeug auch.
Am nächsten Tag teilte mir der Bauprüfer mit, dass die originalen Türschlösser immer noch nicht eingebaut worden waren und wollte sich mit mir eine Woche später treffen, um die Schlüssel zu übergeben. Geht nicht, die Küchenschränke werden am nächsten Tag geliefert. So ließ ich zwei Schlüssel für das Bauschloß in der Wohnungstür abholen. Ein dritter Schlüssel verblieb beim Bauprüfer, damit er Handwerker zur Mängelbeseitigung in die Wohnung lassen konnte.
Als ich abends von der Arbeit nach Hause kam, war ich so aufgeregt, dass ich noch einmal zur neuen Wohnung fuhr, obwohl es schon dämmerte. Dort, wo am folgenden Tag auf der Baustelle nach meinen Überlegungen die Spedition ihr Fahrzeug hätte abstellen können, um die Küchenschränke ebenerdig zur Haustür zu transportieren, waren tagsüber Betonelemente in den Boden gebaut worden. Nun blieb nur noch die Fläche vor der Tiefgarage, von wo man über die Außentreppe zum Gehweg zur Haustür gelangte. Ich brachte ein paar Sachen in die Wohnung. Dieses Mal fiel mir auf, dass in den Zimmern an jedem Deckenauslass eine Baufassung mit einer Glühbirne hing. Hatte ich die am Vortag übersehen? Zum Spaß drückte ich den Lichtschalter ;) hätte ja sein können. Ich sah ein, dass es keinen Sinn machte, sich im Halbdunkel an der neuen Wohnung zu erfreuen. Bevor jemand die Polizei ruft, weil jemand mit Taschenlampe in einer Wohnung rumläuft, ging ich wieder. Ein Klönschnack mit den ersten Nachbarn aus Haus 1 war auch nicht möglich. Alles düster im Dunkelland!
Unwillkürlich denke ich an die Diskussion der Baugruppe über die unterschiedlichen Fertigstellungstermine der Wohnungen und die Aussage eines mit dem Hausbau vertrauten Mitgliedes: ”Stellt euch das nicht so leicht vor. Das ist kein Spaß, als erste einzuziehen. Ihr wohnt dann auf einer Baustelle“ – Recht hat er.
Auch wenn wir noch nicht in der Wohnung wohnen dürfen, weil erst alle Wohnungen dieses Baubaschnittes fertiggestellt sein müssen, so bin ich doch froh, dass uns die Wohnung schon früher übergeben wurde, damit wir die lange im Voraus geplanten Termine für die Lieferung bzw. Aufbau der Küche halten konnten.
Und eines ist doch klar, diese anfänglichen Schwierigkeiten werden vorbeigehen, und dann wohnen wir in dieser tollen Wohnung in dieser wunderbaren Gemeinschaft!
– Niels